Zwischen Absicht und Zufall

"Die Formgebung und malerische Gestaltung meiner Arbeiten bewegt sich zwischen Absicht und Zufall, wobei es vor allem die durch den Zufall ausgelösten Assoziationen sind, die meine Bildsprache bestimmen", beschreibt Gisela Schmitt die Polarität ihres künstlerischen Schaffens.

Das Spektrum der überwiegend abstrakten oder stark abstrahierten Arbeiten von Gisela Schmitt erstreckt sich von großformatigen Bildern in gestischem Duktus bis hin zu kleineren Formaten mit sparsam gesetzten zeichenhaften Formeln. Als Bildträger der Mixed Media-Arbeiten, Acrylmalereien und Teergrafiken fungieren die unterschiedlichsten Papierarten von Leinenkarton bis Pergamentpapier. Häufig spielt dabei die Materialhaftigkeit der Medien eine wichtige Rolle im Gestaltungsprozess: Die Knitterfältchen des nassen Papiers, der Pinselstrich in der pastosen Farbe, gekratzte Rillen oder reliefartige Abdrücke im Acrylauftrag schaffen Strukturen, welche die pure Zweidimensionalität der Bildebene überwinden.

Die Rhythmisierung des Raumes durch die Wiederkehr kalligrafischer Zeichen lässt sich in einer Vielzahl von Arbeiten Gisela Schmitts beobachten: In Wellen- oder Federform aufgetupft, versetzen sie den Bildraum in Schwingung. Vor dem Hintergrund ruhiger Mischfarben in Aubergine, Graublau oder Sand setzen sich kräftige Gelb-, Orange- und Rottöne in Szene. In Verbindung mit der Zeichenhaftigkeit des Sujets erschaffen sie eine hintergründige, rätselhafte Atmosphäre, wie sie auch die poetischen Bildtitel zum Ausdruck bringen. Himbeermond, Gefährten des Windes oder Schmetterlingstreiben sind Gemälde, die hinter einem vordergründig dynamischen Auftritt immer auch eine verträumte, elegische Seite offenbaren.

Im Zusammenspiel von Bildkomposition und -textur entstehen so formal komplexe Arbeiten, die einen Dialog eröffnen, indem sie sich in Beziehung zum Betrachter setzen. Die verrätselte Symbolik der Bilder macht Lust auf individuelle Interpretation. Ihr Sinngehalt spricht immer auch die emotionale Seite des Betrachters an. So bleibt die Frage nach einer Bildwirklichkeit auf fantasievolle Weise unbeantwortet.

Christine Mangold, Kunsthistorikerin, Köln